viele Informationen über die beliebte Schweizer Aare-Route
  • Blick über den Thunersee, im Vordergrund Häuser von Spiez.
  • Sattgrüne Wälder mit schneebedeckten Alpengipfeln im Hintergrund.
  • Blick auf die zwischen bewaldeten Ufern dahinfließende Aare, am Horizont eine schneebedeckte Bergkette.

Reisebericht über eine Radreise auf der Aare-Route von Peter Abitzsch

"Der Radfahrer, hier als Velofahrer bezeichnet, genießt jedoch jegliche Freiheit,

die man sich nur denken kann. Somit ist die Schweiz ein Paradies für Velofahrer."

"Reisetagebuch AARE; Radwanderung an der Aare vom 8. bis 17. Juni 2008" von Peter Abitzsch

Eine sehr kurzweilige Beschreibung einer Radreise aareaufwärts von Aarau nach Meiringen. Wo gibt es den Fabrikverkauf von Lindt Schokolade, wie kann man in Aarau die schweizerische Ordnungsliebe erleben und warum ist die Schweiz ein Paradies für Rad- - pardon - Velofahrer?

Radler verladen ihre Fahrräder.

Sonntag, 8. Juni 2008: München – Horb – Waldshut
Die Fußball-EM ist endlich vorbei und man kann sicher sein, dass Personen in oranger Kleidung wieder nur der Müllabfuhr oder dem Straßenbau angehören. Radwanderung an der Aare vom 8. bis 17. Juni 2008 mit unseren Leipzigern Ute und Frank.

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Die Wetterprognosen für den Juni waren feucht bis nass, obwohl gleichzeitig während unserer Radtour auch die Fußball-Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz stattfinden sollte. Die brauchten dazu eigentlich schönes, zumindest trockenes Wetter, so wie wir auch. Nun hatten wir die Tour aber schon im November 2007 zeitlich fixiert, weil unsere Leipziger so frühzeitig ihren Urlaub planen mussten. Damals hatte ich nicht an die EM gedacht. Als ich aber den Gepäcktransfer organisieren wollte, kam mir die EM in die Quere. Trotzdem konnte ich meine individuelle Planung realisieren. Nur der Wettergott war leider nicht zu überzeugen, den Regen zu vertreiben und den Himmel blau einzufärben.
Die Etappen waren festgelegt, die Unterkünfte gebucht und der Gepäcktransfer bestellt. Es konnte losgehen. Ute kaufte sich noch rasch eine Regenhose und Frank eine Regenjacke, dann wurden die 4 Fahrräder am neuen Heckträger von Franks Erdgasauto montiert und schon waren wir unterwegs nach Horb im Schwarzwald.
Horb im Neckartal war zwar ein Umweg auf unserem Weg in die Schweiz, aber dort hatte sich unsere Cousine Christine mit ihrer Familie ein nettes Häuschen gebaut. Die besuchten wir, machten gemeinsam ausgiebig Brotzeit und reisten dann bis Waldshut zum Hotel Waldshuter Hof weiter. Den Abend in Waldshut verbrachten wir mit Fußball Polen-Deutschland gucken und gingen danach sofort schlafen. In der Nacht hat es kräftig geregnet, aber am Morgen schien wider die Wettervorhersage die Sonne.

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Radlergruppe auf einer Brücke
Wegweiser entlang der Aare-Route
Die Schlosskirche von Niedergösgen.
Floß auf der Aare mit aus Müll erbauter Drachenskulptur.
Radler rasten vor einem hölzernen Gebäude.
Deckenkonstruktion einer überdachten Holzbrücke über die Aare.

Montag, 9. Juni 2008: Aarau – Olten – Aarburg – Wolfwil – Aarwangen – Wangen
(Tagesstrecke: 51,6 Km, 4 h Fahrzeit, 307 Hm)
Bis spätestens 10.30 Uhr sollten wir in Aarau unser Gepäck deponieren, aber wir waren schon vor 10 Uhr dort, denn von Waldshut nach Aarau sind es nur 60 Km. Wir wurden dort schon von dem Gepäckfahrer erwartet und mussten nur noch das Auto parkieren. Der Autor benutzt nun einige schweizerische Ausdrücke, die dem deutschen Leser möglicherweise nicht geläufig sind. So aber bekommt der Bericht ein authentischeres Aroma.

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In Aarau erlebten wir hautnah die schweizerische Ordnungsliebe. Es wird eigentlich alles geregelt: „Hier darf man dürfen“  „Hier muss man müssen“, das meiste ist verboten, zeitlich eingeschränkt zu benutzen oder nur autorisierten Personen gestattet. Oft kommt das „Amtsverbot“ oder auch das „richterliche Verbot“ vor und betrifft am meisten den Kraftfahrer. Im Bereich eines Kernkraftwerkes las ich eine Tafel, die mir aber mitteilte, dass man nicht einmal anhalten darf, um den Text zu lesen. Der Radfahrer, hier als Velofahrer bezeichnet, genießt jedoch jegliche Freiheit, die man sich nur denken kann. Somit ist die Schweiz ein Paradies für Velofahrer.
Wir mussten aber erst einen Parkplatz für 10 Tage finden, der erschwinglich war und so kurvten wir eine Weile herum. Auch der Infopoint am Bahnhof konnte hierbei nicht helfen. Überall Verbote, Einschränkungen oder Gebühren. Aber dem Suchenden kam unsere Hartnäckigkeit zu Gute, das schweizerische Prinzip zu unterwandern. Wir suchten etwa 20 Minuten, dann fanden wir an der Aare bei den städtischen Sportanlagen einen kostenfreien Dauerparkplatz. Der Platz war schattig, geräumig und sogar zur Stadtmitte günstig gelegen. Hier ließen wir unser Gasauto zurück und begannen die Tour, der Aare entlang auf der Nationalroute Nr. 8 bis nach Meiringen im Berner Oberland.
Der Himmel zeigte sich in bayrische Farben weiß-blau, sorgte damit für eine positive Stimmung. Der gut markierte Weg führte direkt am Aareufer entlang, gelegentlich durch Wiesen und kleine Ortschaften bis das erste Highlight vorbeikam, das wir fast übersehen hätten, wenn uns die Sonne nicht so eingeheizt hätte. Wir mussten uns leichter bekleiden. Da sahen wir auch das Schloss oder die Kirche, wahrscheinlich beides gemeinsam in barockem Stil. Wir hatten die Aare überquert und waren in Niedergösgen. Der Ort hat allerdings auch das Gegenteil von Romantik zu bieten, nämlich ein Kernkraftwerk. Der Radweg geht direkt am Zaun entlang und man wird mit der geballten schweizerischen Wirtschaft konfrontiert, die sich hier im Aaretal angesiedelt hat. Da die Schweiz arm an ebenen Flächen ist, findet man hier die gesamte Chemie- und Pharma-, sowie Aluminiumindustrie-, die auch viel Strom braucht. So wechselt die Landschaft zwischen Wiesen und Industrieanlagen, die man aber rasch passieren kann. Dann aber sehen wir einen hohen Zementsilo mit der Aufschrift „Lindt“ und schon kommen wir vom Weg ab. Das ist eine Schokoladenfabrik und dort gibt es sicher einen Fabrikverkauf. Da müssen wir hin ! Obwohl wir dafür zweimal die Aare überqueren und eine Staustufe passieren müssen. Doch die Enttäuschung folgt auf die Vorfreude. Der Fabrikverkauf ist nur dienstags geöffnet, aber es war erst Montag. Nun wollten wir nicht einen ganzen Tag hier warten, denn wir hatten noch viel Strecke vor uns.
So kehrten wir auf den rechten Weg zurück und waren kurz danach im schönen Olten. Da es Mittagszeit war, machten wir nach einem kurzen Stadtrundgang eine Apfelpause am Hexenturm im historischen Stadtzentrum. Alle Gasthäuser hatten ihre Tische draußen und dort tafelten die Oltener zum Mittagstisch. Dann aber entdeckten wir die alte Holzbrücke über die Aare. Es ist eine Brücke mit Dach und so stabil gebaut, dass auch Autos darüber fahren können. Später haben wir noch mehrere solcher gedeckter Holzbrücken gesehen, die alle benutzt werden. In Strommitte der Aare schwamm ein Floß mit einer Skulptur, die sich längerem Hinsehen als ein Nessi oder Drachen entpuppte. Sie war aus lauter Müll gebaut worden, welcher von der Stadtreinigung innert, also innerhalb 14 Tagen zusammengetragen worden war. Ein Plakat gab Auskunft darüber und auch, dass in Zukunft derjenige, der Unrat wegwirft mit erheblichen „Bussen“ (Strafen) bis zu 10.000 CHF zu rechnen hat.
Das war eine wirklich eindrückliche Demonstration und nur ungern verließen wir das freundliche Olten. Der Weg wurde schattiger und die Aare reißender, kühlte aber auch die warme Luft und so gelangten wir nach Aarburg, wo wir wieder das Ufer wechselten. Auf der Brücke war auch die Kantonsgrenze. Orografisch links war der Kanton Aargau und rechts befanden wir uns im Kanton Bern, der hier kurz die Aare berührt. Die riesige Aarburg war nicht zu besichtigen, denn sie beinhaltet eine Jugenderziehungsanstalt. Dafür aber zeigte uns der Fluss ein Phänomen. Er kehrt vor der Brücke in einer Bucht seine Fließrichtung um. So konnten die Fluss-Schiffer gefahrlos in der reißenden Aare anlanden. Wir aber mussten wieder zurück auf das Aargauer Ufer, denn die Radroute setzte sich dort bis Wolfwil fort. Hier gibt es ein Fährhaus, mit einer Personenfähre, wo man sich auf’s bernische Ufer übersetzen lassen kann. Der schattige Gastgarten lud uns zu einer Kaffeepause und einem Eis ein. Danach setzten wir unser Fahrt über den sonnigen Weg fort, bis wir in Aarwangen über eine moderne Brücke wieder das Ufer wechselten und uns nun im Kanton Bern befanden. Diese Brücke, früher eine Holzbrücke wurde mehrmals zerstört, 1471 brannte die Holzkonstruktion, die beiden Nachbauten wurden 1758 und 1887 vom Hochwasser weggerissen und wurde dann 1906 durch eine Gitterkonstruktion ersetzt. Später wurde noch eine Eisenbahnbrücke dazugebaut und in jüngster Zeit ein geschwungener Radweg seitlich angehängt. Die Brücke gibt den Blick auf eine massive Burg frei, die früher den Brückenübergang schützte.
Der Radweg geht nun über das moränenartige Hügelland und führt durch malerische Dörfer mit wunderschönen Bauernhäusern im Berner Stil, d.h. sie besitzen weit über den Giebel gezogene Dächer, wobei die Überdachung mit Brettern verkleidet ist und einen Rundbogen zum Giebel frei lässt. Oft steht abseits eine kleineres Haus, welches wohl früher das Austragshaus war und einen Scheunenboden hatte. Es hat meist einen umlaufenden Balkon, den man über eine steile Stiege erreicht. An einem dieser prachtvollen Häuser wehte die Fahne von Veloland. Hier war ein Strohlager für die Velofahrer eingerichtet, das aber schon belegt war. Uns war das nicht unangenehm, denn wir hatten unser Nachtlager in Wangen im nächsten Ort, den wir 8 Km weiter gegen 18 Uhr erreichten. Wieder fanden wir eine alte Holzbrücke vor, die uns auf das Solothurnsche Ufer brachte, wo auch unser Hotel stand. Es war ein Motel Al Ponte, denn die Autobahn Zürich – Bern ging in der Nähe vorbei.
Auch hier spazieren wir in die Stadt und finden ein Lokal, wo man speisen und Fußball schauen kann. Nachts werden wieder die Straßen gewaschen.

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Der Zeitglockenturm in Wangen an der Aare.
Das Schloss in Büren.
St.-Ursen-Brunnen und Zeitglockenturm in Solothurn
Überdachte Holzbrücke über die Aare bei Aarberg.
Blick auf die Aare und die überdachte Holzbrücke bei Aarberg.
Radlergruppe auf der Aare-Route
Blick auf die Berner Altstadt

Dienstag, 10. Juni 2008: Wangen – Solothurn – Büren – Lyss – Aarberg- Wohlen - Bern
(78,7 Km, 6,17 h Sattelzeit und 636 Hm, mittl. Steigung 3%, max. Steigung 14%)
Die Sonne scheint wieder, obwohl die Wetterprognosen schlecht sind. Heute haben wir den längsten und beschwerlichsten Tag der ganzen Tour vor uns. Wir müssen heute Bern erreichen.

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Die Nationalroute würde uns über Solothurn, der Uhrenstadt Biel am Bieler See führen und über 90 Km lang sein. Wir kürzen daher ein wenig ab, müssen dafür aber durchs Hügelland vom Aaregäu.  Aber zuerst müssen wir nach Solothurn fahren. Das erreichen wir gegen 10 Uhr, also eine Stund nach dem Aufbruch. Solothurn zeigt sich uns im besten Sonnenschein. Die Altstadt mit ihren hübschen Brunnen ist allerdings von Liefer-LKW’s zugestellt. Uns aber fällt angenehm auf, dass es trotz Arbeitseifer alles sehr geruhsam zugeht. Keiner der blockierten LKW-Fahrer regt sich auf, hupt oder schreit die Kollegen an. Man wartet geduldig bis man an der Reihe ist, oder der Andere Platz gemacht hat. Mit dem Velo hat man auch hier wieder alle Freiheiten, kann überall durchfahren und auch anhalten. Als wir wegen der Enge die Räder schieben, werden wir von Passanten erinnert, dass man auch fahren darf und sollte. Solothurn gefiel uns sehr. Leider aber hatten wir noch einen langen Weg vor uns.
Nach verlassen der Stadt nahmen wir die Route 44 nach Büren (auch hier gab es eine Holzbrücke). Die Wegführung war nun nicht mehr ökonomisch zu nennen, denn es ging bergauf und bergab, aber immer mit Blick auf das Aaretal und dahinter dem Jura, wo sich bald riesige Wolkentürme aufbauten. Sie waren aber dort wie festgeklebt und blieben bis zum Spätnachmittag unbewegt an diesem Bergrücken. Wir passierten wieder malerische Dörfer und riesige Einzelgehöfte, manche sogar mit Kuh-Waschanlage. In Büren erreichten wir wieder die Aare und hätten auch bis hierher im Flachen fahren können was der Kräfteverteilung gut getan hätte.
Später ist man immer schlauer, aber meine Karten hatten mir diese Einsicht bei der Planung verborgen. Es hat sich aber gelohnt und uns nicht gereut. Weniger  anstrengend war die Passage bis Lyss. Dort überholte uns ein einsamer Velofahrer, den wir aber in Aarberg wieder trafen. Er hatte sich verfahren und wir konnten ihm wieder auf den richtigen Weg helfen. Es war ein 80 jähriger Schweizer, der gerade von einer Radtour von Holland bis Basel kam und nun weiter nach Frybourg wollte.
In Lyss hielten wir uns nicht lange auf, dafür aber machten wir in dem malerischen kleinen Aarberg eine ausgiebige Kaffeepause und genehmigten uns einen Eisbecher.
Dann überquerten wir wieder eine Holzbrücke mit Blick auf den kleinen Aarepark und folgten dem Dammweg an einem Stausee entlang bis Oltingen. Kurz danach rückten die Hügel wieder näher und an einer Weggabel gab es 2 Möglichkeiten. Entweder 150 Meter in einem Stück oder die Variante in Etappen nur 120 m hinauf. Frank und Ute wählten den stärkeren Anstieg, während wir uns die abwechslungsreichere Route aussuchten. Nun kann ich nur von meiner Route berichten, die aber sehr schön war. Der erste Anstieg endete in einem Waldstück, wobei wir bei der Abfahrt durch einen Bauernhof bei Lache rollten, dessen Scheune mit dem Wohnhaus wie ein Torbogen verbunden war. Dann kamen wir das Dorf Golaten wo fast jeder Bauer  Buchsbäume zog. Das war ein Straßendorf mit ansteigender Straße bis zu einer Anhöhe über der Aare mit guter Aussicht. Das war zunächst der höchste Punkt, denn es ging wieder zu den Flußauen hinunter, dann über einen Damm und durch ein Wiesenstück zu einer schmalen Gitterbrücke über einen Kanal. Dann ging es den zugewachsenen Kanal entlang bis zu einem hohen Sicherheitszaun. Hier mussten wir pausieren, denn es begann zu tröpfeln.
Unbemerkt hatte sich der Himmel verdunkelt und zeigte uns, dass er auch noch reichlich Wasser gesammelt hatte, das er nun gern wieder los werden wollte. Wir kramten unsere Regenbekleidung aus den Rucksäcken und befürchteten schon Schlimmeres als es nach ca. 10 Minuten wider zu regnen aufhörte. Jetzt konnten wir die Fahrt fortsetzten oder besser weiter schieben, denn der hohe Zaun beschützte ein Kernkraftwerk und die Radroute musste das ganze Areal umgehen. Dazu mussten wir einen 20% steilen Hang hinauf schieben und dann auf einem Feldweg bis zum Ende des Zaunes fahren. Dann erst waren wieder auf einer Straße. Es war die Zufahrt zum Kernkraftwerk, die aber wieder den Berg hinauf zu einer riesigen Staumauer führte. Die gehörte wiederum zu einem ebenso riesigen Wasserkraftwerk. Wir überqueren die Staumauer und schauen staunend in die Tiefe, aber viel Zeit spendieren wir dem Blick nicht, denn der Himmel droht uns wieder und wir haben noch einen Anstieg vor uns.  
Nach der letzten Steigung warten unser Begleiter Frank und Ute an der Wegkreuzung in Wickacker unter einem großen Baum. Sie hatten den kürzeren Weg gewählt, waren aber auch nass geworden. Aber jetzt ging es auf gleicher Höhe leicht wellig am Wohlensee entlang bis Hinterkappelen. Dort treffen wir auf eine stark befahrene Strasse, der wir ca. 1 Km folgen müssen, dürfen aber dann in den Bremgartenwald abbiegen. Bern ist nun nicht mehr weit, doch der Weg steigt permanent an und unsere Kräfte sind schon bald am Ende. Kommen wir noch trocken nach Bern?
Der Weg erscheint endlos, Wegkreuzungen stellen uns vor die Frage, welcher Richtung folgen wir, denn es fehlen Wegweiser und wir stehen unter Druck. Einen falschen Weg sollten wir uns nicht mehr leisten, denn der Himmel wird immer schwärzer und wir möchten trocken im Hotel ankommen. Instinktiv finden wir die richtige Richtung. Wir verirren uns nicht und erreichen Bern. Übergangslos befinden wir uns im städtischen Straßenverkehr und lernen die Rücksicht der schweizerischen Autofahrer für Velofahrer kennen. Wir folgen der Längsgasse bis zum Hauptbahnhof und sind nun mitten in Bern. Auskunftsfreudige Passanten weisen uns den Weg zum nahen Hotel Astoria in der Zieglerstrasse. Kaum haben wir die Räder abgestellt beginnt es zu regnen. Es regnet die ganze Nacht. Wir verlassen das Haus nicht mehr, gehen in der Cafeteria zum Abendessen und dann zum Fußball schauen. Bern ist EM-Austragungsort. Es war ein langer Tag.

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Blick auf die Kramgasse mit der Berner Zytglogge (dem Zeitglockenturm)
Eine der zahlreichen Brunnenfiguren in Bern, im Hintergrund das Schweizer Bundeshaus.

Mittwoch, 11. Juni 2008: ein velofreier Tag in Bern, aber mit intensivem Stadtrundgang
Die Stadt zeigt sich im Fahnenwald der Europa-Fußballmeisterschaft. Mehrere Fanzonen, eine vor dem Parlamentsgebäude sind eingerichtet, dominiert von den. Oranjefans, die hemmungslos ihre Farben zeigen. Die Schweiz scheint fest in holländischer Hand zu sein. Sogar ein Brunnen wurde in den Oranje-Farben geschmückt und oben wurde ein Gummikegel aufgesetzt. Die Polizei zeigt sich außerordentlich tolerant. Man ist eben Gastgeber.

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Wir beobachten einen Linienbus, der in der Kramgasse wartete bis eine Touristin ihr Motiv vor der „Zytglogge“, dem Uhrturm fotografiert hatte. Dann erst setzte er seine Fahrt fort. Geruhsam nahmen auch wir die Stadt in uns auf, schlenderten mitten auf der Gasse durch das historische Zentrum bis zum Bärengraben, der jenseits der Nydeggbrücke direkt über dem Steilufer der Aare liegt. Die Aare umschreibt einen Bogen um die Altstadt, die wie auf einer Halbinsel liegt. In 3 parallel verlaufenden Gassen liegen die Hauptseheswürdigkeiten der schweizerischen Hauptstadt. Das Münster, das Rathaus, das Kornhaus, der Münstergarten und das Bundeshaus. In der Postgasse finden wir in der Mittagszeit ein originelles Lokal und speisen dort nicht üppig, aber köstlich während draußen wieder der Regen regiert. Er beendet sein Regime aber nachdem wir das Lokal verlassen haben und unsere Schnupperrunde fortsetzen. Zur Kaffeezeit sind wir mit einer ehemaligen Kollegin verabredet, die früher in Berlin, jetzt aber in der Schweiz arbeitet. Sie erzählt uns bei einem „Cafi fertich“ also einem Kaffee mit einem Schuss Grappa wie die Arbeit und die Gesellschaft in der Schweiz funktioniert. Den Abend verbringen wir wieder mit Fußball schauen. In Basel findet eine Wasserschlacht statt. Die Wettervorhersage für den folgenden Tag ist nicht vielversprechend, aber wir müssen weiter nach Thun.

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Blick auf Thun und sein imposantes Schloss mit dem von vier Ecktürmen eingerahmten Hauptturm
Radler auf einer Brücke.
Überdachte Holzbrücke über die Aare bei Thun.

Donnerstag, 12. Juni 2008: Bern – Thun
(Tagesleistung: 33,1 Km, 2,42 h Sattelzeit, 173 Hm, Temp.: 16- 21°C bewölkt)
Es gibt wie überall auf unserer Tour ein reichhaltiges Frühstücksbufet. Wir bevorzugen ein Bircher Müsli, das gibt Kraft und Ausdauer. Die brauchen wir jetzt, denn zuerst geht es innerhalb der Stadt Bern ziemlich bergauf, bevor es an der Stadtgrenze genauso rasch wieder bergab geht. Den Velofahrer ärgern solche unökonomische Routenführungen. Er möchte gern die gewonnene Höhe möglichst lange halten. Die Abfahrt führte uns ins Belpmoos zum Flughafen Bern-Belp, der schweizerischen Hautstadt, aber mehr dem  Flugplatz einer Bananenrepublik ähnelt. Das macht aber nichts, denn die Romantik des Kleinen weckt trotzdem das Fernweh.

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Momentan ist hier bedingt durch die Fußball-EM mehr Betrieb als sonst. Man könnte hier den Fußballstars sehr nahe kommen. Keine Fans und Fotografen weit und breit, obwohl die Mannschaftsbusse schon wartend bereit stehen. Da wir keine Fans sind, radeln wir nun in der Ebene weiter und sogar die Sonne hat sich wieder durch die Wolken gefressen und straft die Wettervorhersage Lügen. Da heute keine lange Distanz wartet, rollen wir gemütlich durch die sauberen Dörfer, überqueren Aare und Eisenbahn, wechseln damit das Ufer, bleiben aber den Moränen fern. Eigentlich müssten schon die Berner Alpen zu sehen sein, doch der Dunst verhindert den Blick auf das Panorama. Dafür aber werden wir mit einer stark frequentierten Eisenbahnlinie bekannt gemacht. Es ist die Bern – Lötschberg – Strecke. Alle 5 Min. fährt ein Zug mit teilweise sehr hoher Geschwindigkeit, wobei nur die Güterzüge viel Lärm verursachen. Da macht die parallel laufende Autobahn mehr Lärm. Zum Glück muss sich unser Weg nur ein kurzes Stück die Richtung mit beiden teilen. Dafür nimmt die Besiedelung ab Heimberg wieder zu und zeigt uns damit an, dass wir uns Thun nähern. Zuerst aber passieren wir noch Steffisburg, das ohne Übergang mit Thun vermischt hat.
Bei der Ortseinfahrt von Thun begrüßt uns die Burg mit Fahnenschmuck. Es ist kurz nach Mittag. Wir sind zu früh, um schon im Hotel einzuchecken. Damit fällt die Entscheidung auf eine Stadtrunde und dabei finden wir mehrere Gaststätten, die im Freien zum Mittagessen einladen. Wir entscheiden uns für einen „Italiener“, direkt an der Kaimauer der Aare mit Blick auf die Burg. Trotz Sonnenschein ist ein wenig kühl geworden. Es ist schön, Zeit zu haben und sich treiben zu lassen. Einerseits hat man mit den Rädern einen größeren Aktionsradius, aber manchmal sind sie im Wege, wenn man z.B. eine schmale Holzbrücke betreten will. Schweizer sind zum Glück sehr tolerant mit Velofahrern und wie schon erwähnt, hat man alle Freiheiten. Gegen 15 Uhr  suchten wir aber unser Hotel Elite auf. Unser Gepäck wartete schon auf uns und trotz wenig Anstrengung genossen wir die Dusche und machten uns stadtfein. Adele und ich bummelten auf die Burg, wurden dabei von einem kurzen Regenschauer erwischt und mussten uns kurz unterstellen. Dadurch kamen wir zu spät zum Museum. Es schloss gerade seine Pforten. So kamen wir in den Genuss, uns die Stadt genauer zu erschließen. Von der Burg der Altstadt führt eine gedeckte Treppe und endet in einer Gasse, die Verkaufsläden auf 2 Ebenen besitzt.  Das dürfte ziemlich einmalig sein. Weit vorstehende Dächer schützen zudem vor Niederschlägen und so kann man bei fast jedem Wetter die Auslagen begutachten. Ich entdeckte einen Apple-Laden und wurde von Adele verlassen. Sie hatte einen Termin mit einer Fußballübertragung. Man hätte es auch in einem der vielen Lokale an der Aare im Freien anschauen können. Es war uns aber zu kühl. Ich setzte so allein meine Stadtbesichtigung fort und kam in den Genuss eines  Zwischenhochs. Die Sonne erhellt das ganze Ortsbild und bescherte mir prachtvolle Fotos von der Stadtarchitektur. Zum Abendessen fanden wir ein originelles Lokal in der Altstadt, welches uns eine leckeres Abendessen und eine Fußballübertragung.

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Blick auf Spiez am Brienzersee.

Freitag, 13. Juni 2008: Thun – Spiez – Interlaken
(Tagesleistung: 39 Km, 2,55 h Sattelzeit, 222 Hm bei  11 -21 °C, sonnig bis bewölkt)
Es gab 2 Routen zur Auswahl für die Fahrt nach Interlaken, beide mit Höhepunkten. Die eine führte am Nordufer des Thuner Sees entlang, allerdings mit vielen Tunnelpassagen und ohne Radweg. Die andere, offizielle Route Nr. 8 führte uns südlich aus der Stadt heraus und sogleich in den Nieselregen hinein (wir waren zu früh gestartet).

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Aber als wir den Regenschutz angezogen hatten, war der Spuk auch schon wieder vorbei. Aber nicht nur deshalb gefiel uns die Streckenführung zunächst nicht, denn wir wurden weit vom See durch einen Wald geleitet. Der bot uns zwar verkehrsfreie Zonen und einen wild mäandernde Bach, sowie Grotten, aber sonst keinen Blick auf See oder Landschaft. Das wurde erst besser als wir bei Zwieselberg den Wald verließen. Der Reiseführer wies hier auf riesige Endmoränen hin, die der Fluss Kander  zu einem tiefen canonartigen Tal ausgewaschen hatte. Darüber war eine Gitterbrücke gespannt, die eine große Rohrleitung trug. Auf dem Wartungssteg, der aus lauter Gitterrosten mit Tiefblick bestand, führte der Wegverlauf. Für Nicht-Schwindelfreie Passanten ein unüberwindbares Hindernis.
Danach kamen wir in ein abfallendes Wiesengelände wo wir nach Spiez hinunterrollen konnten. Die Sonne war wieder da und begleitete uns zum Seeufer hinunter. Der Berg rückte nun nah an das Ufer und den schmalen Streifen mussten sich nun Eisenbahn, Bundesstraße und Radweg teilen. So mussten wir nun leider neben der stark befahrenen Straße nach Interlaken weiterfahren.
In Leissigen erweiterte sich das Land, so dass ein Dorf Platz fand. Ein schöner Platz für eine Pause. Wir fanden ihn unter einer Linde mit Brunnen und Sitzbank  mit Schatten.
Nach Interlaken war es nun nicht mehr weit. Man konnte es schon in der Ferne sehen. Dort kamen wir kurz nach Mittag an und waren wieder zu früh, um im Hotel Bernerhof einzuchecken. Da wir Interlaken schon von einem Winterurlaub vor 2 Jahren kannten, machten wir einen Besuch in der großen Modelleisenbahnanlage, die am Bahnhof West in einem ehemaligen Lagerhaus untergebracht ist. Dort ist die Rhätische Bahn in Spurweite 0 aufgebaut. Aber auch andere Modellanlagen sind zusehen. Für die Kinder gibt es Modellbahnen zum Spielen und für die Großen Kinder Lokführerstände, sowie jede Menge Einblick in die Sicherungstechnik, Tunnelbauten, etc. zu sehen und zu probieren. So war der ganze Nachmittag ausgefüllt.
In einem italienischen Restaurant speisten wir eine Pizza und sahen uns das erste EM-Fußballspiel an. Beim zweiten Spiel nahm ich Auszeit und ging nach einem Spaziergang ins Hotel, um Musik zu hören. In der Nacht regnete es wieder ergiebig, so dass die Besucher eines Rockfestivals sicher keine schöne Nacht in ihren Zelten auf dem Flugplatz verbracht haben.
Aber auch die Oranjefans hatten die Stadt fest im Griff.

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Teddybär auf einer Bank vor einem mit Blumen geschmückten Häuschen
Radlergruppe erkundet die spektakuläre Aare-Schlucht zu Fuß
Blick auf den Brienzersee.

Samstag, 14. Juni 2008: Interlaken – Brienzer See – Meiringen
(Tagesleistung: 34,2 Km, 3,03 h Sattelzeit, 409 Hm bei bewölktem Himmel mit sonnigen Abschnitten, 11 – 18 °C.)
Heute lag wieder eine etwas anspruchsvollere Strecke vor uns. Zunächst fuhren wir am Bahnhof Interlaken-Ost vorbei und kontrollierten die daheim vorgemerkten Zugverbindungen. Schon hier begegnete uns eine große Anzahl von jugendlichen Festivalbesuchern in teils abenteuerlichen Outfits. Sie strömten in die Supermärkte, um dann auf dem Bordstein zu frühstücken. Ab Bönigen waren wir allein und folgten dem Uferweg, der bald steil bergauf wies.

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Auf der Höhe steht das kleine Dorf Sengg mit einer herrlichen Aussicht auf Iseltwald am Brienzer See.  Von hier aus geht es steil hinab nach Iseltwald und danach sogleich wieder hinauf. Man hätte für die Velofahrer eine Hängebrücke bauen können, was sicher eine Attraktion mehr gewesen wäre, aber auch das Landschaftsbild stark gestört hätte. Also nehmen wir mit Rücksicht auf diese Umstände den Anstieg in Kauf, nur dass es jetzt noch höher hinauf geht, dann wieder hinunter (hier sollte man schieben!) bis zu den Giessbachfällen. Der Wasserfall besteht eigentlich aus 11 Kaskaden, die man am besten von unten betrachten könnte. Hier aber steht ein Luxushotel, welches Radfahrer aussperrt. Nicht einmal durchfahren darf man das Hotelgelände. Die Radroute wird noch vor dem Hotelgelände wieder den Berg hinauf auf die asphaltierte Zufahrtsstraße gelenkt. Dort parkten eine große Anzahl roter und gelber Ferrari, die man auch nicht in das Hotel gelassen hatte. Unsere Genugtuung war perfekt. Und es war für heute die letzte Steigung gewesen. Von oben konnte man die Mündung der jungen Aare in den Brienzer See  und den Militärflugplatz erkennen. Es ging rasant bergab und nun lagen noch 11 flache Km nach Meiringen vor uns. Diese Flachpassage wurde durch imposante Wasserfälle geschmückt. Während wir an dem nicht zu übersehenden Militärflugplatz entlang rollten knallten Schüsse, die vom Echo eigenartig aufgerollt wurden. Es war Samstag, Übungstag der Miliz. Für deutsche Ohren ungewohnt. Hier aber Tradition.
Meiringen war unser Tourenziel, das wir am frühen Nachmittag errichten. Zeit zum Kaffeetrinken. Wir fanden ein nettes Cafe mit Terrasse, wo auch die in Meiringen erfundene Meringue (ein Gebäck aus Eiweiß und Zucker) angeboten wurde. Wir wählten aber den Obstkuchen und Kekse aus der Konditorei. Unser Hotel„Parkhotel du Sauvage“ befand sich neben dem Museum von Sherlock Holmes. Der Autor der Sherlock Holmes Romane Sir Arthur Conan Doyle war vom Anblick des Reichenbachfalls so beeindruckt, dass er den Widersacher Sherlock Holmes Prof. Moriarty im tosenden Reichenbachfall zu Tode stürzen ließ. Unser Hotel lädt aus diesem Anlass jedes Wochenende zu einer Gruselnacht im Hotel ein. Wir haben nichts bemerkt, weil wir wohl zu müde vom Radfahren oder Fußball gucken waren. Bevor wir ins Bett gingen, haben wir aber noch die Aareschlucht besucht. Die Aare hat sich im Laufe der Jahrtausende eine 180 m tiefe und 1400 m lange Schlucht gegraben. Man hat einen Steg in die Schlucht gebaut, der direkt über dem reißenden Wasser angelegt ist. So kann man gefahrlos das Naturschauspiel bewundern ohne von unten nass zu werden. Wir fuhren mit dem Fahrrad hin und kamen auch noch trocken zurück, bevor es am Abend wieder heftig zu regnen begann. Den Abend verbrachten wir im Hotel Restaurant bei gutem Essen und wieder – man glaubt es kaum – mit Fußball schauen.

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Einzelner Radfahrer auf einer Hauptverkehrsstraße
Die dampfbetriebene Brienz-Rothorn-Bahn.
Radler unter Eisenbahnunterführung.
Radler vor überdachter Holzbrücke über die Lütschine

Sonntag, 15. Juni 2008: nach Lauterbrunnen (Schafskälte)
(Tagesleistung: 46,1 Km, 3,24 h im Sattel, 410 Hm bei bedecktem Himmel mit gelegentlichen Nieselregen und 13 – 14°C, Schafskälte)
Wenn das Wetter mitgespielt hätte, wollten wir von Meiringen über die Große Scheidegg nach Grindelwald und weiter nach Lauterbrunnen fahren. Den Aufstieg von 1400 Hm wollten wir ganz oder zum Teil mit der schweizer Alpenpost bewerkstelligen. Die Kosten wären CHF 8,-- für das Velo und CHF 16,50 pro Person gewesen. Bei schönem Wetter hätten wir bei der Abfahrt das großartige Panorama von Wetterhorn, Schreckhorn, Eiger und Mönch genossen. Der Regen im Tal hatte Schnee auf den Pässen gebracht, aber auch bittere Kälte und am Schlimmsten, Nebel. Die Schafskälte hatte das Regiment übernommen.

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Sogar die Bus-Chauffeuse riet uns von dem Abenteuer ab. Also verschoben wir den Trip auf später. Unser Gepäck reiste aber schon nach Lauterbrunnen und so mussten wir folgen. Den gleichen Weg zurück nach Interlaken aber wollten wir nicht fahren und nahmen deshalb die Straße am nördlichen Ufer. Hier gibt es noch keinen abgetrennten Radweg, der Verkehr ist jedoch gering.  So kommen wir auch durch Brienz, dem Holzschnitzerdorf, das dem See seinen Namen gab. In Brienz gibt es noch eine kleine Rarität, nämlich eine Dampf-Eisenbahn, die auf das Rothorn fährt. Alle kamen gleichzeitig am Bahnhof an: Das Linienschiff, die Eisenbahn, wir und konnten so die Abfahrt der Rothornbahn erleben. Man besitzt u.a. 4 Dampflokomotiven aus verschiedenen Epochen. Alle in bestem Zustand und alle im Einsatz. Nur für den Spitzenverkehr steht noch eine moderne Diesellok in Bereitschaft. Da wurde viel Rauch erzeugt als es losging und das freut die alten Knaben.
Die Damen unserer Radltruppe interessierten sich mehr für die Blumen an den Chalets.
An diesem Tag waren kaum Höhenmeter zu bewältigen, dafür aber tropfte es in kleinen Abständen vom Himmel. Nun, wir sind nicht aus Zucker. So ein bisserl Nässe hält uns nicht auf. So konnten wir schon mittags wieder die Bahngeleise in Interlaken queren und ohne Höhenverlust ins Tal der Lütschine nach Lauterbrunnen abbiegen. Am Bahnhof von Wilderswil machten wir einen technischen Stopp, dann nahmen wir die gedeckte Holzbrücke über die Lütschine unter die Räder und fuhren 63 Hm hinauf nach Gsteigwiler, dem Weiler am Steig. Kurz blitzte die Sonne durch die Wolkendecke und heizte uns zusätzlich ein. Leider durften wir nun wieder zur Lütschiene hinunterrollen. Der Feldweg folgte dem Bachlauf nur mäßig ansteigend bis Zweilütschinen, einem 3 Häuser Ort mit Bahnstation, aber einer wichtigen Bahnstation, denn hier fließen nicht nur die schwarze Lütschine von Grindelwald kommend und die weiße Lütschine von Lauterbrunnen, sondern auch die Bahnlinien der BOB, Berner Oberlandbahn aus den gleichen Orten. Eines der 3 Häuser ist das Gasthaus zum Bären, wo wir uns pausierend niederließen. Freundlich wurde uns köstliche hausgemachte Suppen serviert.
So gestärkt gingen wir den noch verblieben Aufstieg nach Lauterbrunnen an. Doch da kam nicht mehr viel Steigung, auch waren es nur noch 8 Km bis dorthin. Fast enttäuscht erreichten wir am frühen Nachmittag trocken das Hotel Silberhorn, wo schon Frank wartete. Er hatte sich schon beim Aufstieg nach Gsteigwiler abgesetzt, weil wir ihm zu langsam waren.
Das Hotel hatten wir für 2 Nächte gebucht mit der Option, länger zu bleiben, wenn das Wetter sonnig wäre. Es blieb bei 2 Nächten, denn die Sonne zeigte sich nur noch Minutenweise.
Den Nachmittag verbrachten wir mit einer Talwanderung ins Lauterbrunntal mit den seinen über 70 Wasserfällen. Der eindrucksvollste ist wohl der Staubbachfall, der im Ortsbereich ca. 600 m von der Felswand fällt und sein Wasser vom Wind zerstäubt  wird.
Da wir Halbpension gebucht haben, lassen wir uns von der Küche verwöhnen. Unser schweizer Lieblingswein „Petit Arvin“ wird auch hier serviert. Eine und eine halbe Flasche verschlucken wir beim Essen, den Rest beim Fußballspiel.

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Der Männlichen - an einem wolkenverhangenen Tag von Lauterbrunnen aus gesehen.
Radler auf dem Weg hinauf zur Grütschalp.
Das Dörfchen Mürren im Nebel.
Radlergruppe vor dem Aufbruch.
Nebelverhangener Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau.

Montag, 16. Juni 2008: MTB Rundfahrt um das Lauterbrunnental über Grütschalp – Winteregg - Mürren – Gimmelwald – Stechelberg
(Tagesleistung: 20,8 Km, 2,11 h Fahrzeit, 309 Hm mit mittl. 6% Steigung, max. 13% bei 6 – 15°C)
Beim Frühstück im Wintergarten des Hotels könnte man Wengen und den Männlichen sehen. Heute ist aber nichts zu sehen außer Wolken. Wir lassen uns Zeit, es kann nur besser werden. Nach einer Stunde wird es auch besser, aber nicht gut genug. Trotzdem wollen wir etwas unternehmen.

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Ich wollte die o.g. Runde eigentlich umgekehrt fahren, aber bei diesem Wetter nehmen wir die Bergbahn von Lauterbrunnen nach Grütschalp. Vor 2 Jahren wurde die über hundert Jahre alte Standseilbahn, die wir im Winter oft benutzt haben, abgebrochen und durch eine Einzelgondel mit Lufttragseil ersetzt. Die Kabine fast 100 Personen, ist also entsprechend groß und könnte mühelos unsere Fahrräder mitnehmen.
6 Min später stehen wir oben im kalten Nebel, schieben noch einige Meter hinauf bis der geschotterte Bergweg befahrbar wird. Wir haben keine Stollenreifen aufgezogen, weil die die Wege der ganzen Tour meist befestigt, oder gar asphaltiert waren. Aber es ging ganz gut und wir waren fast allein unterwegs. Somit gehört der schmale Weg uns allein. Nur einem Landvermesser der Bahngesellschaft sind wir immer wieder begegnet. Es war wie  ein Igel – Hase - Rennen. Ab Winteregg wurde der Pfad zum Weg und bald waren wir in Mürren. In der Regel hat man von hier einen tollen Blick auf das Jungfrau-Massiv und den Berge des Talschlusses. Heute aber versteckte sich die Jungfrau schamhaft hinter Nebelbänken. Nur manchmal lüftete sie den Schleier und zeigte ihre eiskalte Flanke und einmal blitzte sogar ein Brustspitzchen heraus.  Wir warten eine Weile, aber sie versteckt sich weiter.
Da es ziemlich frisch in Mürren 1645 müM ist, entscheiden wir uns für einen Kaffe im Tal in Stechelberg. Mit dem Rad ist man im Nu unten. Bis Gimmelwald, wo die Mürrenseilbahn eine Zwischenstation hat, ging eine schmale geteerte Straße hinunter. Hier gab es kein Restaurant oder Cafe. Der Weiterweg aber war ein Schotterweg und nur vorsichtig zu befahren. Er ging dann in einen holprigen, steilen Pfad über, der nicht mehr zu befahren war, außer man riskierte einen Sturz. Weiter unten an einem Bachübergang mit einem starken Wasserfall zur Rechten und einem zur Linken teilte sich der Weg. Der Wegweiser für die Radler führte wieder bergauf und für die Wanderer bergab mit Zeitangabe 30 Min bis Stechelberg. Unser Fehler, wir nahmen den Wanderweg. Fahren ging nun gar nicht mehr, schieben auch nicht mehr. Man hätte das Rad tragen sollen. So bewegten wir uns tragend, mit blockierenden Bremsen schiebend bergab. Wanderer, die uns begegneten staunten und wunderten sich. Trotzdem sind wir dann im Talboden angelangt. Das einzige Wirtshaus weit und breit aber hatte Ruhetag, denn es war Montag. Dafür aber hatten wir wieder fahrbaren Boden unter den Rädern. Die umgekehrte Richtung der Tour wäre aber auch kein Zuckerschlecken gewesen. So waren wir dann ganz zufrieden, als wir nach kurzer Rollphase in Lauterbrunnen wieder die Zivilisation erreichten und auch ein Cafe fanden. Schade, dass wir von der schönen Gegend leider fast nichts gesehen haben. So müssen wir aus unserer Erinnerung des Winterurlaubs ergötzen. Kaum sind wir im Hotel beginnt es wieder zu regnen.

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Radlergruppe vor dem Bahnhof von Lauterbrunnen an der Aare-Route
Altes Fahrrad lehnt an Hauswand.
Radlergruppe in schmucker Schweizer Fußgängerzone
Radler in Olten, im Hintergrund der Stadtturm
Mit niederländischen Fahnen geschmückte Autos in einer Schweizer Fußgängerzone
Züge am Bahnhof Olten
Fußgängerzone in Olten an der Aare-Route

alle Fotos im Reisebericht © by Peter Abitzsch 

Dienstag, 17. Juni 2008: Zugfahrt von Lauterbrunnen nach Olten über Interlaken und Bern
(An diesem Tag sind wir nur 17,8 Km in 56 min gefahren)
Für CHF 53,-- + 15,-- für das Velo kaufen wir uns jeder eine Ticket bis Olten. Nur 2h später sind wir den ganzen Weg mit dem Zug zurückgefahren, wofür wir 5 Tage gebraucht hatten. Das Auto aber stand in Aarau. Dazu hätten wir in Olten umsteigen müssen. Wir ließen unser Mädels mit dem Gepäck in Olten zurück und Frank und ich fuhren die 15 km nach Aarau das Auto holen.

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Wie schon erzählt hatte es die ganze Nacht geregnet. Entsprechend durchfeuchtet war der Radweg und dementsprechend sahen unsere Räder aus. Wir waren schnell unterwegs, eine Passantin mit ihrem Hund fühlte sich dadurch gestört und rief im Vorbeifahren zu, der Radweg würde auf der anderen Seite der Aare verlaufen. Wir kamen der Aufforderung nach, verfuhren uns aber in eine Sackgasse. Die Frau hatte Unrecht. Wir wären auf der richtigen Seite gewesen. Nach ein wenig Suchen fanden wir den richtigen Weg wieder und auch das Auto stand noch am alten Platz. Bei der Rückfahrt waren wir auch wieder an der  Schokoladenfabrik vorbei gefahren und heute war Dienstag. Keine Frage, dass wir nachdem wir die Mädels und das Gepäck eingesammelt hatten, an der Lindt - Fabrik anhielten und den Verkaufsraum aufsuchten. Zu unserer Überraschung standen die Käufer Schlange wie wenn früher in der ehemaligen DDR Bananen angeboten wurden. Entsprechend lange dauerte es bis wir unser 1-2 Kg  Schokoladeprodukte bezahlen durften. Die Kunden vor uns hatten auch volle Körbe. Ein tolles Erlebnis.
Mit übervollem Auto fuhren wir über die Autobahn Bern – Zürich – St.Gallen nach Margarethen und durch Bregenz. Noch in Österreich tankten wir das Erdgas, welches wie Benzin in Österreich billiger als in Deutschland ist.

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